Vermarktung im
B2B-Umfeld

GründerInnen von Tech Start-Ups fokussieren sich vor allem in der Anfangsphase auf die Produktentwicklung und empfinden es als schwierig, parallel dazu einen funktionierenden Vertrieb aufzubauen. Kunden bedeuten Einnahmen und vor allem Cashflow und sind natürlich auch indirekt die Bestätigung, dass das Produkt oder die Dienstleistung angenommen wird. Ein wichtiges Signal für ein junges Unternehmen. Was es für Stolpersteine auf dem Weg gibt und worauf GründerInnen achten sollten – hier kommen zehn Tipps, wie man den ein oder anderen Fehler vielleicht bereits vor der Entstehung vermeiden kann.

1. Nicht zu spät mit der Vermarktung starten

Sich primär auf die Produktentwicklung zu konzentrieren und anzunehmen, sich mit einem ausgeklügelten Produkt einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, ist oft ein Irrglaube. Wenn der Verkaufsstart hinausgezögert wird, werden Gelegenheiten verpasst, das Produkt in einem realen Szenario zu testen. Frühe Kunden sind die beste Resonanz und beschleunigen dazu auch noch den Prozess der Produktentwicklung. Darüber hinaus sendet die Aufmerksamkeit früher Kunden starke positive Signale an andere InteressentInnen und Interessengruppen, wie beispielsweise MitarbeiterInnen und InvestorInnen.

Aus diesem Grund sollten GründerInnen frühzeitig mit der Vermarktung beginnen und Argumente wie “wir müssen erst unser Produkt fertigstellen, bevor wir mit potenziellen Kunden sprechen” vermeiden.

 

2. Die strategisch beste Zielgruppe auswählen

Wenn es darum geht, den Vertrieb anzukurbeln, zielen B2B-Startups häufig auf große Unternehmen ab, da diese oft über ein größeres Budget und starke Marken verfügen. Unternehmen agieren jedoch aufgrund ihrer komplexen Hierarchien und langwierigen Entscheidungsprozesse meist sehr schwerfällig. Die Kauf- und Integrationsprozesse dauern deutlich länger, was den Vertriebsaufwand, die (unbezahlte) Beratungs- und Einarbeitungszeit erhöht und die Effizienz der Feedbackschleife verringert.

Kleinere Kunden hingegen sind in der Regel sehr viel agiler. Schlankere Organisationen ermöglichen schnellere Entscheidungsprozesse, um Verträge zu unterzeichnen und zu besiegeln. Sobald die ersten Kunden gefunden wurden, kann es sinnvoll sein, sich auf die Referenz dieses Kunden zu stützen, um ähnliche Organisationen anzusprechen.

Eine fokussierte und agile Zielgruppe kann in der Anfangsphase helfen, oft schneller neue und passende Kunden zu gewinnen. Es kann auch entscheidend sein, die kulturellen und unternehmensspezifischen Unterschiede zwischen den potenziellen Kunden zu verstehen.

 

3. Nicht zu früh an das große Geld denken

Sobald die primäre Zielgruppe definiert und die ersten Leads identifiziert sind, muss der Preis für das Produkt festgelegt werden. Die Priorität einer frühen Verkaufsstrategie sollte darin liegen, zuerst Kunden zu gewinnen und nicht-finanzielle Vorteile wie Reputation und Empfehlungen zu erzielen. Es ist wichtig, zunächst niedrige monetäre Einstiegshürden anzustreben, um einen soliden Kundenstamm aufzubauen, der das Anfangsstadium der Produktentwicklung versteht. Gleichzeitig ist Vorsicht geboten, wenn es um unbezahlte Pilotprojekte, Proof of Concepts oder andere Dienstleistungen geht. Start-Ups werden von großen Unternehmen leicht als billige Dienstleister ausgenutzt, die Kundenreferenzen benötigen.

Ideal ist es auch, den Kunden eine gewisse Mitsprache anzubieten, um die Interessen abzustimmen und die Erfolgschancen bei ersten Kunden zu erhöhen. Nach einigen Erfolgen, wenn das Produkt und die Verkaufsprozesse mit den Stammkunden getestet und verbessert wurden, kann mit der Optimierung der Preisgestaltung begonnen werden. Und hier hat sich Mut bewährt: Die meisten Startups in der Anfangsphase setzen ihre Preise anfangs zu niedrig an – aus guten Gründen – und sind überrascht, wie viel sie verlangen können, wenn sie ihre Grenzen austesten. Große Unternehmen arbeiten in einem völlig anderen Maßstab, was bedeutet, dass die kleinsten Verbesserungen an einem Produkt zu erheblichen Effizienzgewinnen führen können, die Preise rechtfertigen, die GründerInnen in der Anfangsphase als hoch empfinden.

Außerdem bevorzugen GründerInnen in der Frühphase, die in der Regel mit sehr begrenzten Ressourcen arbeiten, kurzfristige Verträge gegenüber langfristigen Verpflichtungen mit Dienstleistern. Große Unternehmen haben eine andere Sichtweise und ziehen Vorhersehbarkeit der Flexibilität vor, d.h. sie bevorzugen mehrjährige Verträge mit vorhersehbaren Kosten. Langfristige Verträge sind auch für Start-Ups vorteilhaft, da sie eine bessere Planbarkeit ermöglichen und den Cash-Flow im Voraus entlasten. Letztendlich sollte sich darum bemüht werden, ein flexibles, werteorientiertes Preismodell zu entwickeln, das es ermöglicht, den individuellen Überschuss jedes Kunden auszuschöpfen.

 

4. Nicht zu billig in den Markt gehen

Preisgestaltung ist ein komplexer und oft unterschätzter Mechanismus, um den Wert einer Transaktion zu erhöhen. Deswegen verlangen viele GründerInnen anfangs zu wenig Geld für ihr Produkt. Wenn die Preise zu niedrig sind, entstehen aber eine Reihe von Problemen. Ein niedriger Preis signalisiert, dass der Wert des Produkts geringer ist, was bei Käufern Misstrauen erzeugt. Und wenn der aufgerufene Preis die komplexen Einkaufsprozesse bei Kunden nicht berücksichtigt, wird die Profitabilität riskiert. Nur wenige B2B-Kunden lassen sich von einer (zu) hohen Preisgestaltung abschrecken. Wenn alles andere passt, kann immer noch verhandelt werden.

 

5. Sich helfen lassen

Man muss nicht alles allein schaffen. Warum sollte man also versuchen Produkte und Dienstleistungen selbst zu verkaufen, wenn auf diesem Gebiet keine Erfahrung vorhanden ist. Zudem gelten im Vertrieb bei Start-Ups andere Regeln, denn den Vertrieb völlig losgelöst auszulagern ist keine gute Idee. Erfahrungsgemäß sind die GründerInnen die zentralen Personen im Start-Up, die für einen erfolgreichen Vertrieb am Anfang notwendig sind und daher ist ein enger Austausch mit dem Vertrieb erfolgsentscheidend. Denn entscheidend ist erst einmal eine kontinuierliche Feedbackschleife zwischen Geschäftsmodell, Produkt und Kunden zu etablieren. Erst später macht es Sinn Vertriebsstrukturen zu standardisieren und optimieren, um ideal zu skalieren.

 

6. Flexibel bleiben

Aus dem Vermarktungsprozess, insbesondere aus den Gesprächen mit Kunden, kann eine Menge gelernt werden. Diese Erkenntnisse können aber nur gewinnbringend genutzt werden, wenn die Prozesse auf schnelle Iteration eingestellt sind. Zu frühe, starre, unflexible Standards im Prozess führen zu wertvoll verpassten Lektionen für Produkt und Prozesse.

 

7. Keine Angst vor einem “nein” haben

Aus Angst, ein Geschäft zu verpassen, zögern GründerInnen oft, hart genug auf ein „Nein“ zu drängen. Mit anderen Worten: Sie qualifizieren ihre Interessenten in den frühen Phasen des Vermarktungsprozesses nicht gründlich genug. Auf diese Weise werden wertvolle Ressourcen an die Kunden „verschwendet“, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie einen Vertrag unterschreiben.

 

8. Kopf- statt Bauch-Entscheidungen treffen

Zahlen schaffen Fakten. Leider managen viele GründerInnen ihre CRM-Systeme nicht professionell genug. Um den Vertrieb zu steuern (Sales und Marketing), verlassen sie sich darauf, wie sich die Dinge im Moment „anfühlen“ (oder was ihre Vertriebsmanager glauben) anstelle der faktischen Datenlage. Kurioserweise liegt das Problem bei SaaS-Produkten manchmal auch im Gegenteil: Datenüberlastung. Wenn sich buchstäblich alles messen lässt, worauf soll man sich dann konzentrieren? Zu viele Daten machen es schwer, den Überblick über Vertriebsprozesse und Pipeline zu behalten.

 

9. Den Faktor Mensch nicht unterschätzen

Teammitglieder für den Vertrieb zu finden, ist schwierig – vielleicht die schwierigste Herausforderung von allen. Fast alle GründerInnen kämpfen mit der Frage, wie sie ihre Vermarktungsorganisation aufbauen sollen. Unser Rat: Erfahrene Advisor (wir kennen da zufällig jemanden) und Investoren zu Hilfe ziehen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ab einem gewissen Grad an Komplexität zählt nur Erfahrung aus erster Hand.

 

10. Nicht alle Vertriebsressourcen auf die Gewinnung neuer Kunden auslegen

Mehr Kunden bedeuten mehr Umsatz ABER was ist mit den bestehenden Kunden? Viele GründerInnen vernachlässigen das eine Marktsegment, dessen Türen für ihre Angebote bereits weit offenstehen: begeisterte Kunden, die einem bei der eigenen Weiterentwicklung sehr helfen können.

 

 

Quellen: 

https://www.eu-startups.com/2021/09/5-sales-mistakes-to-avoid-as-an-early-stage-b2b-startup/ 

https://www.deutsche-startups.de/2021/04/23/die-10-haeufigsten-fehler-b2b-vertrieb/ 

https://360bizdevelopment.de/10-top-fehler-im-b2b-vertrieb/ 

https://b2bmanager.saxoprint.de/sales/vertriebstipps-b2b/ 

https://www.capterra.com.de/blog/901/mit-9-expertentipps-zu-mehr-erfolg-im-b2b-vertrieb 

https://www.act.com/de/vertriebsstrategie/ 

https://gruenderplattform.de/unternehmen-gruenden/vertriebsstrategie 

https://www.salessation.com/blog/3-schritte-vertriebsstrategie 

https://www.alexanderverweyen.com/unternehmensloesungen/vertriebsstrategie-workshop/